Freitag, 28. März 2014

stadteinsichten

Wie ist das nun so, wenn man in "seiner" Stadt ist?
Kann man da spazieren gehen wie ein Tourist?
Oder ist man abgelenkt von seinen Geschäftigkeiten
und denkt bei jedem zweiten Laden an Besorgungen,
Einkaufzettel, Umtausch und Sonderangebote?
Es ist nicht einfach, "nur so" durch seine Stadt zu gehen.
Und auch das schlechte Gewissen geht ein bisschen mit,
schließlich ist man ja nicht im Urlaub!!
Aber eine Wartezeit mit einem Spaziergang zu füllen,
geht allemal und wenn dann auch noch die Kamera dabei ist
und die Sonne scheint....

Der Sonnenschein macht alles golden, selbst die jetzt hellgrünen Blätter an den Bäumen, die blonden Haare der Frauen, den Capucchinoschaum.
Die unbeirrbaren Cafèhausgäste sitzen in ihren Skidaunen wie Katzen gereiht in der Sonne an der Hauswand und lassen sich von den schwarzbeschürzten Servierdamen umflattern.
Die Marktfrau freilich, steht im Turmschatten. Mit Kopftuch und dicker Jacke, steckt sie die rotgeäderten Hände schnell wieder ein.
Nur immer mit dem Rücken zum Wind! Der "böhmische" weht und gegen den nächsten Husten gibt es jetzt Thymian im Töpfchen. Gegen alles wächst ein Kraut, da kann der Wind wehen wie er will. Der Bärlauch passt zur Frühjkahrskur und wer sich noch schnell Salatpflänzchen fürs Glasbeet mitnimmt, kann schon an Ostern ernten. Die Palmkätzchen sind bereits für ihren großen Auftritt an Palmarum geschmückt doch auch sie haben im ihr Pelzchen noch bitter nötig.
In den südlichen Gassen liegt der Sonnenschein auf den Pflastersteinen. Die Stuckroccaillen der Häuserfassanden schattieren jede Girlande nach. 
Da lassen die Radfahrer ihre Chromlenker blitzen, die Geschäfte ihre Fensterscheiben und die meisten Türen stehen schon offen.
Kaffeearoma kräuselt aus dem Feinkostladen und im Dampf der Espressomaschine lächelt Italien. Diese unwiderstehliche Farbkombination aus rot, weiß und grün. An die elegante Bar möchte man am liebsten im Sommerkleid und in Stilettos und den Schinken bitte gerne aus der Hand! Alles geht. Mille grazie!
Um die Ecke ein kühler Hinterhof, gerade steht die schwere Tür offen. Kalk und Zementgeruch, vergessene Briefkästen, vergangenes Leben. Kein Himmel und Hölle im Durchgang mehr, kein Schwatz im Treppenhaus. Sicher ein guter Platz für Kinderwagen und Fahrrad, ein Feierabendbier und den ersten letzten Kuss nach dem Tanz.  Alles wird neu und chic und ich wünsche mir Augenmass, damit das neue Leben hier gut wird. Durch den Torbogen gibt es einen bayrischen Blick: weißblauer Himmel und ein Kirchturm! Gegenüber ein unverhofftes Ladenglück. Porzellan! Bezaubernd zarte Dinge, von ebenso bezaubernd zarten Händen gemacht. Eine Oase der Inspiration und kunstvoller Leichtigkeit. Ich werde ein Stück davon mit nach Hause bringen, in einer maifarbenen Tüte und mich erinnern.
Die Sonne lockt das grün aus den Mauerritzen und die Bürgersteige stehen voller Tische.
Der große Platz füllt sich, es ist Mittagszeit. Alte Bekannte werden begrüßt und neue Geschäfte bestaunt.
Der Eismann ist wieder da, aber noch fröstelt mich beim Gedanken an Amarenabecher und Bananensplit.
Andere sind da weniger verfroren und stehen wählerisch vor den neuen Sorten.
Ein Blick auf Sahneberge und bunte Gläser und ein Lächeln vom schwarzgelockten Eisverkäufer.

Der Winter hat ausgespielt ....




















Dienstag, 25. März 2014

das halbe Leben


1850 malt Carl Spitzweg das erste von annähernd identischen Bildern, das er selbst "Der Bibliothekar" nennt. Zu ihrer Zeit wohl schon erfolgreich, sind es sehr berühme Bilder geworden, die mittlerweile um den gesamten Erdkreis verteilt sind. Wahrscheinlich, weil sich so viele Menschen im "Bücherwurm" wiederfinden.
Dargestellt ist ein schon etwas älterer Mann im Biedermeierfrack, der auf einer Bibliotheksleiter steht und Bücher ... ja was tut er eigentlich? ...säubert, entnimmt, einordnet, sucht, findet, liest?
Irgendwie scheint er all dieses gleichzeitig zu machen.
Ein offenes Buch hält er sich dicht vor die kurzsichtigen Augen, ein zweites hat er aufgeschlagen in der anderen Hand, ein weiteres Buch steckt unter seinem Arm und das vierte zwischen seinen Knien. Dazu steht er frei auf einer doch ziemlich hohen Bibliotheksleiter, ohne die geringste Spur Unsicherheit oder Anstrengung zu zeigen. Vom Lichtstrahl (der Erkenntnis?) beleuchtet, steht er fest und konzentriert.
Einer, der seinen Schwerpunkt gefunden hat, in sich versunken. Ein Fels im Strudel der Metaphysik, vor deren Regal er sich festgelesen hat.
2014 räumt Ruth ihr Arbeitszimmer auf und weil sie nun schon mal dabei ist das Bücherregal abzustauben, fängt sie -- nur mal schnell und nebenbei natürlich--damit an, die Bücher wieder zu ordnen....
Und nach einer kleinen Weile sieht man sie auf ihrer Stehleiter, das Staubtuch eingesteckt, ein Buch aufgeschlagen in der einen Hand, ein anderes unter dem Arm, ein drittes zwischen den Knien, einen kleinen Stapel vor sich aufgebaut, mit der freien Hand in einem Buch blättern.
Mit leicht gerunzelter Stirn, interessiert, konzentriert, hochbeschäftigt.....
Wir kennen das Bild??
Ähnlich erging es sicher auch dem Bibliothekar des Peisistratos vor über 2500 Jahren in Athen und auch der Hohepriester der Bibliothek in Alexandria versank in seinen Papyrusrollen. Die Mönche der mittelalterlichen Schreibstuben, Erasmus in Rotterdam und Thomas Moore lebten vollständig in ihren Bücherwelten und dem heutigen Leser in der New York Publik Library zerrinnen Zeit und Tag, ebenso wie dem Vierjährigen vor seiner Bücherkiste im Kindergarten.
Und jeder, der Bücher mag und sie deshalb auch hortet und liest, ist ein bisschen Bücherwurm und ein bisschen Hohepriester, ein bisschen Gelehrter und gleichzeitig vier Jahre alt und auf der Suche nach der Weltenformel.
Wörterverlorenes Wesen. Bücherstreuner.
Festgelesener Wegesucher, vor immer neuen Abzweigungen, neuen Zusammenhängen, als Ziel des Pudels Kern.
Wo beginnt`s und wo endet`s?
Ein Buch hier und ein anderes dort und im dritten Regal das zweite von links... usw. usw.....
Etwas Ordnung tut not.
Bei Spitzweg liest der Betrachter es deutlich und auch jede öffentliche Bibliothek macht es sich zu eigen.
Das System der Genres, unterteilt in Titel, dem Alphabet folgend.
Eine gute Möglichkeit, die jedoch einer gewissen regelmäßigen Aufsicht verlangt. Denn andernfalls findet sich sich "Krieg und Frieden" neben "Kräuterheilkunde" und "Kindergeburtstage wie noch nie" wieder. Da eint nur das anfängliche "K" und bleibt nur gute Absicht. Die Ordnung will schon eingehalten sein! Denn Ordnung ist das halbe Leben! Also aufgepasst!
Nun, wenn Bücher nur Dinge sind, dann braucht es diese Art von Denken, wenn sie aber mehr sind, Menschengeschichten, Weltenerklärung, Trostseiten, Glücksbrunnen, dann brauchen wir auch die andere Hälfte, denn wir wollen doch kein halbes Leben.
In dieser anderen Hälfte nämlich, liegt alles sowieso schon dort, wo es hingehört.
Da stellt sich eines zum anderen, auf leichten Wegen, ein müheloses Wandeln und Finden.
Da stehen die "Kindergeburtstage" neben dem "Großen Backbuch" und dem "Erste Hilfe Ratgeber" (aus gutem Grund und schlechter Erfahrung) und "Anna Karenina" neben "Effi Briest" und "Emma Bovary" neben "Fräulein Else" ( alle diese verlorenen Frauenseelen) und Stanislaus Lemm neben den Brüdern Grimm und Tolkien neben Harry Potter ( wer schreibt hier eigentlich von wem ab?) und "Homo Faber" Rücken an Rücken mit Philipp Roth`s "Menschlichem Makel" und "Ödipus" (wegen der inneren Tragik).
Das ist die andere Hälfte des Lebens!
Das intime Labyrinth unserer Gedanken und Assoziationen, die die abgegriffenen Buchrücken nach vorne bringen und das Farbsystem der Verlage durchbrechen. Die Hälfte, die Bücher und Gedanken quer legt, uns zu Weltenbummlern macht und Abenteurern, zu leidenschaftlich Liebenden und schmählich Verlassenen, zu Richtern und Henkern, zu Königen und Poeten, zu stillen Beobachtern und Revolutionären.
Und wie sollten wir da nicht glückliche Gefangene und Herrscher dieser Welten werden (beim Aufräumen, mit unseren Staublappen und Stehleitern), auf immer neuen Pfaden, Entdecker neuer Meere, mit immerfrischem Wind in unseren Bücherseiten !?
Da ist doch alle äußere Ordnung hoffnungslos.
Die Herzensbücher stehen sowieso irgendwann wieder ganz vorne und dann kommen die Unentbehrlichen und dann die Lieblingsbücher und dann die Oftgelesenen und dann die, die man sicher wieder lesen wird und dann die, die man unbedingt nochmal lesen möchte und dann die, die jeder haben muss und dann die, die man noch nicht gelesen hat, aber unbedingt lesen will und dann die, die so schöne Buchrücken haben und die, deren Papier so fein ist und dann die Gedichtbände und dann die Jugendbücher, die die eigenen Kinder unbedingt noch lesen müssen und dann die Bücher der Patin und dann das erste Buch ...................
Wie gesagt, da ist doch die äußere Ordnung eigentlich auch ganz unnötig.


















Dienstag, 25. Februar 2014

Nach Norden

Nach Norden 
ein Reisebericht, ohne Bilder.....

Wer einige Tage wegfahren möchte, fährt in den Süden. Selbst Menschen ,die im Süden wohnen, wie wir, fahren in den Süden. Der Sonne wegen und der besseren Stimmung und anschließender noch besserer Hautfarbe und wegen des Lebensgefühls und der Leichtigkeit und wegen des Essens. Ach ja, der Süden eben!
Nun, wir fuhren weg, aber nicht in den Urlaub und auch nicht für länger, sondern nur für zwei Tage und auch nicht zum privaten Vergnügen. Dienstlich sozusagen, wenigstens für die Hälfte unserer Reisegruppe (wir waren zu zweit !).
Es ging in den Norden, nach Oldenburg, gleich neben Bremen, damit schon mal die Richtung klar ist.
Eine Strecke von 780 km, einfach. Aufenthaltszeit und Reisezeit standen in eher ungünstigem Verhältnis. Einer Fahrt von 16 Stunden, stand ein Aufenthalt von 24 Stunden, inklusive Nachtruhe, gegenüber. Ziemlich intensiv also.
Als es losgeht, fahren wir in den Tag hinein, auf der Karte immer nach oben, quer durch unser Land. Der Tag beginnt kalt, aber heiter. Es wechseln Wetter und Landschaften. Die liebliche fränkische Alb, Würzburg im Kessel des Steigerwaldes und dann, immer wieder beeindruckend, das hessische Bergland, die Rhön vor allem.
Kasseler Berge. Soviel Land und Wald. Märchenland, Zauberwald, Räuberwald, Geheimnisberge.
Dann beruhigen sich die Linien, weiten sich. Die Wälder werden licht, die hohen Kiefern kommen und die schwarzweißen Stämme der Birken leuchten in der Regengischt.
Ich habe das nun schon öfter gesehen und immer wieder ist es erstaunlich, wie Wald aussehen kann. Nicht dunkel und dicht, grünschwarz, zwischen Granitfelsen, immer noch dichter werdend, kälter, wild, gefährlich, sondern hell und farbig, leicht.
Die roten Kiefernstämme, oft sonnenbeschienen, leuchten im Kontrast zu den grünen Nadeln, die weißen Birken, noch unbelaubt, der Waldboden vom Wind gekehrt.
Man sieht hindurch wie in eine Säulenhalle. Schnell drehen die Stämme vorbei.
Die Städtenamen auf den Autobahnschildern sind wie ein lange vergessener Geschichtsunterricht. Paderborn, Hildesheim, Braunschweig.
Dann verlieren sich die Bäume, Hannover kommt, die Heide. Bremen.
Weites Land, flach, grün, endlos. Wieder Birken, schwarzweiß, wie die Kühe auf den Weiden. Die ersten Hinweise auf das Meer, die ostfriesischen Inseln.
..... Butje, Butje, timpete...... Jetzt noch ein Stück gerade aus und wir brauchen ein Boot. Aber wir sind in Oldenburg, am Ziel unserer Fahrt, wieder in der Pflicht und das Meer ist soweit weg, wie zu Hause.
Oldenburg empfängt uns mit schlechtem Wetter, die Menschen aber sind ausgesprochen freundlich. Der Zungenschlag nordisch. Ich bemühe mich um ein „Guten Tag!“, bekomme ein „Moin, Moin!“ zurück und lächle, es ist Nachmittag. Der Regen kommt und geht. Der Wind ist kalt und es macht keinen Unterschied, ob er böhmisch weht oder ostfriesisch. Ich friere. Der Stadtplan schickt mich in die Lambertikirche. Gegenüber das Rathaus, natürlich, Kirche und Welt. Ich freue mich am Backstein, moosbewachsen, kunstvoll gemauert, Vorsprünge, Muster, Simse, Giebel. Das Kupfergrün der vielen Turmdächer im schönen Kontrast zur Fassade. Hellgrün und dunkelrot. Der Wind ist schneidend kalt. Der Eingang ein kleiner neogotischer Portikus. Sofort ist es warm und trocken, still. Die Tür zum Innenraum weiß gelackt.
Und dann stehe ich in einem Rotundenbau, in Sonne und Licht und staune über eine hohe Kuppel nach italienischen Vorbild, wie Florenz und Dresden oder der Hamburger Michel. Die Bänke und Galerien im Rund mit dem Altar. Gelb und weiß die Farben, keine Bilder. Ein Trichter aus Licht und Atmosphäre, in dessen Mitte nichts steht, nur Licht ist. Der Blick geht nach oben. Unglaublich, dass es draußen aus tiefen Wolken regnet. Hier ist alles hoch und warm
... du stellst meine Füße auf weiten Raum...“
Die Altarwand ohne Bild, ohne Figuren, nicht einmal ein Kreuz, sondern nur eine Kanzel. Das Evangelium als Altar.
...ich stelle mich unter dein Wort.........am Anfang war das Wort.........wenn ihr nur hören und glauben könntet........ich bin der Weg......dein Wort ist meines Fußes Leuchte.....was er euch sagt, dass tut.....denn das Wort ist mächtiger als das Schwert.
Da wird es mir dann doch schwer, so viel Ernsthaftigkeit und Verantwortung, soviel Richten und Messen und diese strenge Suche nach Gottes ungebeugter Wahrheit. Wie gut, dass ich auch die barocke Leichtigkeit der Asams kenne und das sinnliche Ineinander der Roccaillen, den frommen Handel der Wallfahrten und den Segen der Wegkreuze. So verstehe ich beides und wie gut, dass mein Herz zwei Kammern hat.
Die Menschen hier scheinen unbeeindruckt ob der Schwere ihres Katechismus.
Selten habe ich nettere Ladenbesitzer, Lakritzverkäufer, Briefmarkenhändler und Bierfahrer gesehen. Jeder ist behilflich und höflich, nett und zuvorkommend und absolut unaufdringlich und dann doch so kommunikativ. Im Antiquariat gibt es ein sehr aufschlussreiches Gespräch über Martin Suter, Weinfeld und Allmen, über Köche und erotische Gerichte. Anregend und amüsant.
Die nordische Küche haben wir nicht gekostet. Weder die vielgerühmten Kohlgerichte, noch Labskaus, nicht einmal Fisch. Es ergab sich nicht. Und wir waren auch nicht am Meer. Es ist so nah, dass man davon bei Tisch schwärmt und weit genug entfernt, um es nicht fürchten zu müssen.
Unser Heimweg führt über schon bekanntes Land, nach Worbswede. Kein Umweg, eher Herzensweg. Heinrich Vogelers Barkenhoff steht etwas verlassen auf der kleinen Anhöhe und der glückliche Kaffeetisch mit Clara, Rilke, Otto und Paula ist weite Vergangenheit, ein anderes Leben, fast ein anderes Land. Auch die Besucher unserer Zeit fehlen so früh im Jahr. Der Garten noch winterlich. Paula`s Haus an der Dorfstraße lädt freundlich gelb ein, holzvertäfelt, mit dem letzten Bild auf der Staffelei vor dem Fenster.
Ihre Bilder wirken am tiefsten nach. Die Ernsthaftigkeit der Kinder, die verhaltenen Farben der Sonnenblumen, der müde Blick der Bauersfrauen und Torfstecher. Man sieht die Mühsal. Alles rangen sie diesem flachen, nassen Land ab. Ihre Weiden, ihre Äcker, ihre Winterwärme. Und ihre Lungen wurden im Torfrauch noch eher zu Staub, als ihre Leiber.
Das Teufelsmoor hält bis heute noch manche der Elenden gefangen, die Verlorengegangenen und die Weggeschickten, bis heute getränkt vom Regen, bis heute unheimlich und gefährlich. Der Wind glättet das Land, nur die biegsamen Birken gehen mit ihm und die Gräser, die dann die Häuser decken. Dickes Reet über Backstein. Breite Giebel, selten hoch, langhäusig, behäbig, die Gefache offen. Der Giebelbalken muss lang sein, für den Segensspruch. Kein lateinisches C+M+B. Die Worte sollen verstanden werden. 
WOGOTTNICHTDASHAUSBAUTDASINDUMSONSTDIEDARANBAUEN.
Die Speicher der großen Katen sind voll, die Frauen fromm, die Lehen groß. Und der Deichgraf auf dem Schimmel ist wichtiger, als der Papst und sein lateinischer Segen.
Heute freilich ist es prosaischer, wenn über dem Tor ein "Geit nich, Givt nich" steht.
Worbswede rührt mich an. 
Die baumgesäumten Wege, der immergrüne Rhododendron, die niederen Hecken, das Kirchlein, in der Paula die Glocken zum Spaß läutete und zur Sühne die Balken mit bunten Blumen bemalte, das kleine Bahnhofsgebäude im schönsten Jugendstil, mehr Wintergarten als Wartesaal, gerade so lang, dass der Ortsname Platz hat. Leider ist nicht einmal eine Teestube geöffnet. Aber ich bin nicht enttäuscht. Schon zweimal war ich hier. Zweimal mehr, als ich je gehofft hatte.
Die Heimfahrt zieht sich hin. Die Strecke ist bekannt, das Wetter unmöglich und der Verkehr auch. Aber die Musik stimmt und das Reden und das Schweigen. Noch einmal gibt es Spektakuläres zu sehen, wieder die Rhön: In der Dämmerung glühen die Ränder der Bergketten im Wolkenspalt der untergehenden Sonne. Unglaublich schön, in dramatischen Farben und Kontrasten. Ein Blick wie auf Mittelerde. War Tolkien hier? Irgendwann werde mir das mal von der Nähe anschauen müssen.